Was ist Schmerz?
Schmerz hat eine wichtige Schutzfunktion. Wie eine Alarmglocke meldet er, dass etwas im Körper nicht stimmt. Auf dieses Signal reagieren wir instinktiv richtig, indem wir die Hand von der heißen Herdplatte ziehen oder ein gebrochenes Bein nicht zusätzlich belasten.
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Schmerzempfindung
Für die Schmerzempfindung ist das Nervensystem zuständig. Die alarmierenden Schmerzreize werden in rasender Geschwindigkeit über die Nerven bis zum Rückenmark und von dort weiter zum Gehirn geleitet. Hier findet die emotionale Bewertung des Schmerzes statt.
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Schmerzwahrnehmung
Jeder Mensch nimmt Schmerz anders wahr – was für die einen unerträglich ist, mag für andere nur ein leichtes Stechen, Ziehen oder Pochen sein. Wie Schmerz empfunden wird, hängt also nicht allein von der Stärke des Schmerzsignals ab, sondern auch von vorangegangenen Erfahrungen, der psychischen Verfassung des Betroffenen und der Gesamtsituation. So kann Angst den Schmerz zum Beispiel verstärken.
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Schmerzlinderung
Nach der Verarbeitung des Schmerzreizes sorgen Gehirn und Rückenmark dafür, dass der Körper schmerzstillende Substanzen ausschüttet. Dank dieser natürlichen körpereigenen Schmerzlinderung erhalten wir in Krisensituationen zumindest kurzfristig unsere Handlungsfähigkeit.
Vom akuten zum chronischen Schmerz
"Ein Indianer kennt keinen Schmerz", heißt es im Volksmund.
Was nichts anderes bedeutet, als dass wir die Zähne zusammenbeißen
sollen, wenn es wehtut. Richtig? Eben nicht! Werden
akute Schmerzen über einen längeren Zeitraum ignoriert
oder falsch behandelt, können sie sich verselbstständigen.
Das führt dazu, dass das gesamte System der Schmerzweiterleitung
und -verarbeitung aus dem Gleichgewicht gerät und
immer empfindlicher reagiert.
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Schmerzgedächtnis
Es ist nämlich ein Irrtum zu glauben, dass man sich an Schmerzen gewöhnen kann. Im Gegenteil: Wer permanent Schmerzsignale wahrnimmt, entwickelt eine Art Schmerzgedächtnis. In der Folge leiten die Nervenzellen auch schwache Reize als starke Schmerzsignale weiter – die Schmerzschwelle sinkt, die Schmerzempfindlichkeit steigt, akuter Schmerz wird chronisch. Im Extremfall bereiten schon
harmlose Berührungen Schmerzen. Dagegen hat die körpereigene
Schmerzlinderung keine Chancen mehr.
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Einschränkung der Lebensqualität
Für Millionen von Menschen ist der Schmerz ein ständiger Begleiter. Viele von ihnen leben in permanenter Angst vor neuen Schmerzattacken und reagieren darauf mit Rückzug, Resignation und Passivität. Doch wer sich nicht mehr mit Freunden trifft und keinen Sport mehr treibt, konzentriert sich ausschließlich auf den Schmerz und verstärkt das Problem: Ohne Ablenkung und Lebensfreude ist man als Schmerzpatient anfälliger für Befindlichkeitsstörungen wie Schlaflosigkeit, Stress, Angst und Depressionen. Diese Gefühle verschlimmern wiederum den Schmerz – ein Teufelskreis aus Angst und Schmerzverstärkung entsteht.
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Teufelskreis durchbrechen
Lassen Sie nicht zu, dass die Schmerzen Ihren Alltag bestimmen!
Durchbrechen Sie den Schmerzkreislauf, indem Sie sich
im ersten Schritt an Ihren Arzt wenden. Da die meisten chronischen
Schmerzerkrankungen als Folge von akuten Schmerzen
entstehen, ist es so wichtig, frühzeitig mit der Behandlung zu
beginnen und diese konsequent durchzuführen.
Kennzeichen von chronischem Schmerz
Chronischer Schmerz …
- dauert mindestens drei bis sechs Monate* an
- hat seine Funktion als Warnsignal verloren
- hat häufig keinen klar erkennbaren Auslöser mehr
- ist eine eigenständige Erkrankung
- mindert die Lebensqualität durch die hohe psychische
und physische Belastung
* Hinweis: Der Chronifizierungsprozess kann schon deutlich früher einsetzen.
Besonderheiten bei älteren Schmerzpatienten
Fast die Hälfte aller älteren Menschen
leidet unter Schmerzen.
Doch nicht immer werden sie
auch adäquat behandelt. Das hat
eine Vielzahl von Ursachen, die
großteils damit zu tun haben,
dass die Besonderheiten des Alters
bei der Diagnostik und Therapie
nur unzureichend berücksichtigt
werden. Je besser Sie
als Betroffene oder Betroffener
darüber Bescheid wissen, desto
eher können Sie die Beschwerden
einordnen und Ihrem Arzt
kompetent gegenübertreten.
- Der Alterungsprozess bringt eine Reihe von körperlichen
Veränderungen mit sich, die Einfluss auf die Schmerzentstehung,
das Schmerzempfinden und die Reaktion auf die
Therapie haben.
- Durch das veränderte Schmerzempfinden wird Akutschmerz
nicht mehr unbedingt als Warnsignal wahrgenommen.
Das kann dazu führen, dass eigentlich gut
behandelbare Erkrankungen so lange verschleppt werden,
bis sie chronisch werden.
- Die körperlichen Veränderungen und der langsamere
Stoffwechsel haben zur Folge, dass Medikamente anders
wirken und schlechter abgebaut werden. Dadurch steigt
das Risiko für Nebenwirkungen. Bei Mehrfacherkrankungen
müssen die Schmerzmedikamente zudem sorgfältig auf andere Arzneimittel abgestimmt werden, um
unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden.
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Schmerzen sind kein Schicksal!
Hören Sie auf Ihren Körper und nehmen Sie Schmerzen nicht
als Schicksal oder selbstverständliche Begleiterscheinung des
Alters hin. Niemand sollte sich mit Schmerzen
abfinden oder sie aus Angst vor Untersuchungen, möglichen
Eingriffen oder Nebenwirkungen der Medikamente verschweigen.
Vertrauen Sie sich Ihrem Arzt an und besprechen Sie mit
ihm Ihre Befürchtungen! Nur aufgeklärte Patienten können
die Therapie nachvollziehen und befolgen.
Die Prävalenz chronischer Schmerzen in Deutschland kann
nur geschätzt werden. Untersuchungen kommen auf Zahlen
zwischen 9 Millionen bis hin zu 15 Millionen Betroffenen.
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